Tages-Politik - Analyse und Kritik

 
 


Gloriose Fauxpas west-/gesamtdeutscher Gewerkschaften                           
2018/19-2021       

                                                                   
Vorbemerkung:      
An dieser Stelle sollen Beispielfälle aufgegriffen werden, die von der vollendeten Emanzipation von irgendwie gewussten Interessengegensätzen von Lohnabhängigen zu Kapital und Staat künden, davon, wie moderne Arbeitervertretungen sich als politisierte Teilhaber am demokratischen Getriebe des deutschen Kapitalismus äußern und aktiv werden.

(Hinweis: die Erfordernisse für mobile Websites, sog. Responsive Webdesign, machen einige Umstellungen nötig; die darin nicht einbezogenen älteren Artikel aus 2017/2018 sind verfügbar hier)



März 2021 - Zeitschrift „Einblick“, Nr. 3, S.4-5:

DGB: Solidarität als „Ausweg aus der Krise“ – und anderes Verkehrtes zu einer Tugend
der Konkurrenz und materiellen Not

Irgendwie hat man eine Ahnung davon, wie die Klientel eines Gewerkschaftsbundes, der Stand der Arbeiter und Angestellten, ziemlich aufgeschmissen wäre, irgendwas gegen ihren Klassengegner materiell durchzusetzen, wenn ein jeder auf sich allein gestellt wäre. Der offensichtliche Grund ist, dass sie zueinander in Konkurrenz gesetzt sind, die Gegenseite so leichtes Spiel hat, ihren ökonomischen Nutzen auf Kosten der abhängig Beschäftigen zu wahren. Solidarät hieße hier: die Konkurrenzsituation zeitweilig außer Kraft zu setzen, indem man per Zusammenschluss der Übermacht der Kapitalseite etwas entgegenzusetzen in der Lage wäre. Bloß: erstens kennt man diesen Zusammenschluss in hiesigen gewerkschaftlichen Zusammenhängen gar nicht erst als das Mittel zur durchgreifenden Beförderung des Arbeiternutzens gegen die Arbeiteranwender, nämlich angesichts einer gewerkschaftlichen Räson, die gar nicht die Beschädigung des Kapitals als einzig senkrechten Weg für die Durchsetzung materieller Belange der von dem nach Strich und Faden Ausgenutzten vorhat – weil, das Angewiesensein auf für den Arbeitermaterialismus wenig bekömmliche Arbeitsplätze erfordere Rücksicht auf diejenigen, die sie einzig wegen und für ihren Profit einrichten und zur Verfügung stellen.

Zweitens hat Solidarität soviele Varianten von Notlagen zur Grundlage, wie der DGB als Anwendungsfälle derselben aufzählt und beschreibt. Von daher verbietet es sich, „alle für einen und einer für alle“ als Prinzip hochzuhalten, weil es gar nicht die Gründe für irgendein Zusammenstehen und ebenso wenig deren Stichhaltigkeit angreift, sondern weiterhin in Kraft gehalten oder unkritisiert gelassen werden.

Drittens hofiert der DGB tatsächliche oder vermeintliche Fälle „gegenseitiger Verpflichtung, sich zu unterstützen“ (wieso „Verpflichtung“: es setzt jawohl ein Einsehen, ein begründbares Interesse und nicht weniger die Fähigkeit voraus, sich den Nöten anderer, mit denen einem gar keine Gemeinsamkeit, sogar das Gegensätzliche zueinander verbinden kann, anzunehmen), die eher von einem Unternehmer- oder Staatsinteresse zeugen, dem zuvorderst Geltung verschaffen wird:

Das Beispiel mit dem Chemiebetrieb, der eine Samstagsschicht einführen lässt, „damit alle durch die Schichtwechsel sicher arbeiten können“, soll seine Solidarität darüber erweisen, dass „dass Unternehmen trotzdem weiter produzieren kann“: dies ist die Gemeinheit, als Tatbestand von Solidarität hinzustellen, dass unter Pandemiebedingungen das Arbeiten für den Profit des Unternehmens so hinorganisiert wird, dass die Unternehmensgeschäfte möglichst unbehelligt von einer Seuche weitergehen.

Da, nämlich als originär staatliche Affäre, wo eine Sorte Unterstützung tatsächlich als Verpflichtung implementiert ist, ist dies für Gewerkschaften alles andere als eine Kritik wert, warum und wie da was als verpflichtend angeordnet wird: das Beispiel mit „der Errichtung des hochsolidarischen Sozialsystems mit Krankenkasse, Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung“ ist einseitige staatliche Angelegenheit, sich den vom Kapital den Arbeiter und Angestellten verabreichten Nöten, im Falle von Krankheit, Alter und Arbeitslosigkeit wegen der kargen Löhne nicht vorsorgen zu können, so anzunehmen, dass sie zwangsversichert werden. Dass die Abhängigen im Dienst am Kapital verschlissen werden und je nach Geschäftslage außer Lohn und Brot gesetzt werden, ist damit erstens akzeptiert und als „hochsolidarisch“ stilisiert, wenn Arbeiter und Angestellte mittels Pflichtversicherungen für von den Ausbeutern denen beigebrachten Schäden und deren Bewältigung in die Pflicht genommen werden.

Dass in einer Pandemie die jederzeitige und allseitige Ansteckbarkeit durch einen Virus gegenwärtig ist, dies wird gefasst als „Bewusstsein für die individuelle Verwundbarkeit“ oder „Grundmodell der Solidarität“. Was hier als „neues Motiv“ im Zuge einer Seuche erschaffen sein soll, gibt in dieser Glorifizierung noch zu erkennen, dass in marktwirtschaftlich verfassten Gesellschaften normalerweise das pure Gegenteil, das rücksichtlose Agieren als Konkurrenzsubjekte, herrscht. Und zudem: wie die bürgerlichen Agenten ihre Einkommensquellen bewirtschaften, als geschäftliches Treiben oder per Benutzung als lohnarbeitende Arbeitskraft für dasselbe, also an allerlei Mobilität das Bestehen als Geschäftemacher und im Falle der Abhängigen die individuelle Existenz hängt, ist es gar keine Selbstverständlichkeit, das mit dem bürgerlichen Gewerbe untrennbare Kontaktwesen von heute auf morgen wegen einer Virusausbreitung zu stornieren. Deswegen ist in dem Artikel auch sogleich die Geläufigkeit präsent, dass die gewöhnlichen Mitglieder des kapitalistischen Gemeinwesens gar nicht von sich aus umgekehrt zu ihren üblichen konkurrenzlerischen Gebaren auf einmal auf „Solidarität“ machen, sondern: eine höhere Gewalt ist unterstellt, die zuvor abgefeierte Solidarität offenbar regelrecht erzwingen muss. Allerdings wird dieser Umstand gar nicht kritisch gewendet, dass hier nicht Schutzbedürftigkeit der Insassen der Nation einfach so die Feder führt, sondern die Vorkehrungen des Staates werden davon diktiert, dass dieser in erster Linie eine Seuche als Gefahr für das kapitalistische Bereicherungsregime händelt, es diesem also um seine Schutzbefohlenen allenfalls mittelbar geht, nämlich als brauchbares Benutzungsmaterial im Falle der vielen eigentumslosen Diener. Dass die bürgerliche Hoheit als allgegenwärtige Machtinstanz über die Gesellschaft sich per diesem ihren Gewaltmonopol wie in Normalzeiten auch in einer Pandemie die Zuständigkeit dafür reklamiert, stellen die Artikelschreiber völlig unsachgerecht das Lob aus: „ohne den Staat, ohne seine Institutionen wäre die Menschheit dem Virus vollständig hilflos ausgeliefert“: wie schon begründet, geht es Staaten nicht um Schutz vor dem Virus per se; und die Gemeinheit ist, dass das Unterworfensein unter die Kommandogewalt des bürgerlichen Souveräns in allen Angelegenheiten, also auch in Sachen Begegnung einer Seuche, für ein „Bewusstsein für die Staatsbedürftigkeit“ sprechen würde. Dies leistet dem staatsbürgerlichen Fehler Vorschub, insofern man der Abhängigkeit von der höheren Gewalt erst mal nicht entkommt, diese auch sogleich als brauchbares Mittel für das Durchkommen durch die ungemütlichen Lebensverhältnisse marktwirtschaftlicher Provenienz zu nehmen bzw. dafür, sich diesen wieder unbehelligt aussetzen zu können, deren Funktionieren zum Nutzen von Staat und Kapital einzig im Fokus hoheitlicher Pandemiebekämpfung steht.

 

Gewerkschaften für mehr Arbeitsschutz anlässlich Corona-Ausbrüchen im Schlachtge-
werbe – 10.5.20

Wegen sich häufender Infektionszahlen in Schlachthöfen fordern die Gewerkschaften schärfere Kontrollen und bessere Arbeitsbedingungen. Die Branche falle oft mit schlechten Arbeitsbedingungen auf. Gerade jetzt komme es auf verstärkten Arbeitsschutz an.

Wohl wissend, dass die Beschaffenheit von Arbeitsbedingungen für kapitalistisch wirtschaftende Unternehmen eine Frage der Kost für den Profit ist, deshalb gesundheitliche Beeinträchtigungen beim Werkeln für den Profit nicht ausbleiben, daraus allerdings keine Kritik wird, wie schäbige Arbeitsverhältnisse und Gewinnwirtschaft zusammengehören, verfolgen Gewerkschaften schon immer die Linie: den Staat als politischer Vorsteher der Gewinnmacherei als die richtige Adresse angehen, gegen das unternehmerische Kostenkalkül Auflagen zu erlassen – wiewohl die von allerlei Rücksicht auf die Kapitalrechnungen künden, denen von Staats wegen nicht in die Quere zu kommen. – In einer Pandemie, wo im Zuge eines gesundheitspolitischen Notstands besondere Vorkehrungen zu deren Einhegung getroffen werden, entdecken Gewerkschaften dies als einzige Gelegenheit, den Staat endlich einmal was abzutrotzen, was der sonst nicht auf der Agenda hat, gleich in einem generelleren Sinn eigentlich schon ewig anstehende gesundheitspolitische Schutzbedürfnisse einzufordern – und bemerken nicht, dass wegen Corona gar nicht die sonst üblichen kapitalverträglichen Rücksichtnahmen außer Kraft gesetzt sind: was dem Staat da einleuchten würde an neuen Vorgaben fürs Schlachterhandwerk, gehorcht allenfalls dem, was wegen dem Management der Epidemie geboten erscheint und nicht weil der jetzt sein Herz für geschundene lohnarbeitende Schlachter entdeckt *)– bzw. anknüpfend an neuere Entwicklung mit Datum vom 20.5.20: dass der Aufseher u.a. über das Fleischerhandwerk an die Vertragsformen dort rangehen will, Werkverträge und Leiharbeit verbieten will wegen einer hoheitlichen Diagnose einer generelleren „Kultur der Verantwortungslosigkeit“, macht mit letzterer einen Zusammenschluss mit einer epidemiebezogenen Sorglosigkeit im Umgang mit den Billigarbeitern; ein sozusagen pandemieübergreifender staatlicher Nachdruck in Sachen ordentlicher Behandlung bleibend Ausgebeuteter, sodass den Fleischkapitalisten dies wieder viel zu tricksen gibt, wie unter neuen, auch teureren Geschäftsbedingungen die spitzenmäßigen Weltmarkerfolge mit Fleischprodukten zu sichern wären.
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*)Nach Arbeitsminister Heil sei Fleischergewerbe bedeutende Branche. Da kann man ja mal nachhaken, wodurch: dadurch, dass die sich mit konkurrenzfähigen Billigpreisen auf den (Welt-)Märkten schlägt. Und worüber werden Dumpingpreise möglich? Ja, genau: durch die extreme Billigkeit, intensive/extensive Nutzung der angewandten Arbeit von Rumänen und Bulgaren.


Zur Tarifrunde 2020:
Der DGB als aktiver Mitbetreuer der "Herausforderungen" von 'Digitalisierung' und den kapitalistischen Geschäftsoffensiven unter dem Titel 'Klimaschutz' - 2019/20

Pünktlich zum Einläuten der Tarifrunde 2020 gibt die IG Metall  Anschauungsmaterial für konstruktives Mitmachen bei der Bewältigung der von den Staats- und Wirtschaftsmächtigen angesagten und tatkräftig in die Tat umgesetzten sog. Herausforderungen unter den Titeln Digitales und Klima - irreführend insofern, dass Staat und Kapital den Erfordernissen neuer Konkurrenztechniken und Geschäftssphären nicht einfach hinterherhinken oder einfach so ausgesetzt sind, sondern  zielstrebig als Inhalt ihres Interesses sich zu eigen machen. Und was da als zu Bewältigendes angemahnt wird, ist von sehr gegensätzlicher Natur: je nach dem, wer als Kommandeur geldvermehrender Betriebe eben deren Zweck gemäß sich sämtliche Mittel des ökonomischen Kräftemessens in der Marktwirtschaft zu eigen macht oder wer schlicht abhängiger Betroffener davon ist, der die Konsequenzen unternehmerischer 'Modernisierungen'  zu tragen hat in Gestalt der Verpflichtung auf entsprechende Anpassungsleistungen, nämlich immerzu nach Qualität und Quantität die geforderten Arbeitsleistungen zu erbringen, mit i.d.R. lohnsenkender Neueinsortierung in die Lohnhierarchie  - oder, was der entscheidende Sinn betrieblicher Rationalisierung unter marktlichen Vorzeichen ist: das Absurde, dass mit der Perfektionierung von Produktionsabläufen die Arbeit nicht erleichtert und weniger wird und dafür ein Gewinn an freier Zeit herausschaut, sondern mit der Einsparung von Arbeitskraft oder -menge diejenige der Bezahlung verfügt wird, also eine einzige existenzielle Katastrophe für Angehörige kapitalististischer Betriebe ist. - Und der DGB mit einer seiner größten Einzelgewerkschaften IG Metall erdreistet sich anno 2020 zu dem Sonderangebot an die Metallwirtschaft, nach einer Niedriglohnrunde nach der anderen für 2020 gleich gar keine Lohnforderung aufzustellen. Deutsche Gewerkschaften sind so sehr Fanatiker der Lohnarbeit, dass sie für die unternehmerische Gnade der Zurverfügungstellung eines Ausbeutungsplatzes gleich ganz auf Geld, selbst in der Form von allenfalls Entschädigung für geleistete Mehrarbeit und Preiserhöhungen zu verzichten.  Der DGB weiß einerseits nur zu gut, wie seine Arbeiter und Angestellte auf jeden Cent angewiesen sind und verlangt ihnen die Frechheit ab, um des Arbeitenkönnens für fremden Reichtum der Betriebseigner willen überhaupt sollten sie davon Abstand nehmen, die schönen Arbeitsplätze danach zu begutachten, weshalb sie drauf angewiesen sind: Geld zum Leben. Mit dem Extraangebot zur Tarifrunde 2020 stellen DGB und Untergewerkschaften in Rechnung und akzeptieren schon immer, wie dass, was für die meisten Existenznotwendigkeit ist, für Unternehmer als Lohnkost für sein rentables Wirtschaften taugen muss (von abhängiger Arbeit leben zu müssen, verträgt sich also nicht damit, dass Kapitaleigentümer sie sich seinem ökonomischen Zweck Bezahlung gegen Erwirtschaftung von Profit  unterwirft) - und offeriert denen, gegen deren eigentliche Rechnungen, so förderlich wie es ihrer Geldvermehrung ist, bezahlte Arbeit wegzurationalisieren, Rücksicht walten zu lassen dahingehend, jedenfalls nicht im großen Stil oder massenhaft den Lohnabhängigen ihre Existenzgrundlage zu nehmen mit im Gegenzug des gewerkschaftlichen Angebots von Lohnverzicht. DGB gesteht der nationalen Unternehmerschaft ihren beständigen Trieb nach Wachstum ihres Kapitals zu und will dies irgendwie unter einen Hut  bringen mit den materiellen Erfordernissen der Belegschaften - was eben nur geht darüber, dass letztere auf jeden Fall das Nachsehen haben. Er hat vor, alternative Weisen der Verabreichung von Schäden für die Werktätigen zusammen mit den Betriebsführungen auszuhandeln: wenn weniger Bedarf nach geldschaffender Arbeit von Kapitalseite her besteht, könnte man nicht, statt gleich Entlassungen anzuvisieren, nicht auf Arbeitszeitverkürzung (jawohl mit Lohnkürzung, wenn sich dies statt gänzlicher Freisetzung von Arbeitskraft rechnen soll) oder Kurzarbeit zu machen (eine bezeichnende Verknüpfung der Not von Erwerbstätigen, der Schonung der Sozialkassen und eines vorauseilend vorgestellten Unternehmensnutzen: den Unterhalt für die Firmen eigentlich Unbrauchbarer nicht vollständig der Arbeitslosenkasse aufhalsen, sondern teilweiser Lohnersatz aus derselben dafür, dass die Unternehmer die noch kaum Verwendbaren auf die Umwälzungen im Zeichen des Digitalen und Klimas hin zurichten). Letztlich mag dies glauben wer will: die neue unternehmerische Realität dürfte einiges an Erwerbslosenmasse und haufenweise Prekäres an Beschäftigungsverhältnissen als deren neuen Standard produzieren.


Der DGB als Umwelt-/Klimaaktivist

Zeitschrift "Einblick" Nr. 7/2019, S. 3:

"Was nützen Arbeitsplätze, wenn Natur und Klima zerstört sind?"

In dem Satz wird die Zerstörung von Natu
r und Klima als schlechte Bedingung für die kapitalistische Produktion besprochen, der gerade die Rücksichtslosigkeit gegen die natürlichen Voraussetzungen wegen des Profits eigen ist. Diese Ungereimtheit erklärt sich von daher, dass der DGB wohlwollend das kapitalistische Produzieren unter der Bezeichnung Arbeitsplätze in ein Lebensmittel für die abhängig Beschäftigten umlügt. Das wirkliche Verhältnis von bürgerlicher Produktionsweise und Umweltruinierung kommt also gar nicht erst ins Blickfeld, sondern die Gewerkschaft verschwafelt das Kapitalistische am Standort in eine Veranstaltung des Ausgleichs "verschiedener Interessen".

Wie in den Bereichen Arbeitsbedingungen, Wohnen und Rente qualifiziert sich der DGB ebenso in Sachen Klima und Natur dazu, dafür Sorge zu tragen, dass "auch zukünftige Generationen gut leben und arbeiten können" (ebd. - welches Zitat allerdings im Kontext der Digitalisierung steht, wo die Unterwerfung unter neue Arbeitsverhältnisse als "Ausgleich" wahrheitswidrig hingestellt wird). Sämtliche schädliche Wirkungen der kapitalistischen Geschäftemacherei werden so thematisiert, dass unter gewerkschaftlicher Beteiligung am "aktiven Strukturwandel" (ebd.) unter Beibehaltung der Gegensätze und Härten für die Arbeitnehmer Kapitalismus als heimatliches Gefilde für diejenigen zu pflegen wäre, die für nichts anderes denn als Material für die herrschenden Interessen von Kapital und Staat eingeplant sind.


DGB zu 100. Jubiläum der ‚Sozialpartnerschaft‘-Zeitschrift Einblick/Nov. 2018:

Der DGB als Fanatiker des sozialen Friedens 

Schon seit Jahren gibt es eine Tendenz seitens bundesdeutscher Unternehmen zu sog. Tarifflucht, womit sie sich die Freiheit, den Lohn als Waffe in der Konkurrenz einzusetzen, eben jenseits irgendwelcher tariflichen Bindungen, nehmen. Es ist außerdem bekannt, dass die Gewerkschaften selber unter Anerkennung wie auch immer definierter betrieblicher ‚Notlagen‘ mit sog. Öffnungsklauseln den Betrieben ermöglichen, von tariflichen Standards abzuweichen.

Zu einem 100. Jubiläum meint der DGB, sich angesichts, entgegen dieser Realität für tarifliche Bindungen oder ‚Allgemeinverbindlichkeit‘ von Tarifverträgen aufzubäumen.

Zum ersten kommt es ein bisschen darauf an, wie Tarifverträge beschaffen sind, die allgemeine Geltung haben sollen – und da ist zu konstatieren, dass Gewerkschaften immer schon Lohnzurückhaltung geübt haben, immer schon in Rechnung gestellt haben, dass Lohnforderungen irgendwie mit den Profitkalkulationen der Unternehmen zusammengehen sollten, also das materielle Interesse der Lohnabhängigen eher auf der Strecke blieb/bleibt. 

Bemerkenswert bei der Werbung für mehr Tarifbindung ist, dass alles Gründe für sie vorgetragen werden, die welche für den Unternehmernutzen sind:

Wer damit hausieren geht, dass Tarifbindung für „gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Unternehmen“ sorge (S. 1), dem ist offenbar weniger ein Problem, dass, wenn die Unternehmer Lohndumping versuchen, der Schaden bei Arbeitern und Angestellten liegt, und dem deshalb über entsprechende Tarifgestaltung und –bindung ein Riegel davor geschoben werden sollte, die Arbeiter per Lohndrückerei gegeneinander aufzubringen: nein, es wird das Tarifgefüge als verlässliche Kalkulationsgrundlage für die unternehmerische Konkurrenz über die jeweilige Branche hinweg betont.

Und: es würden mit Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen die unternehmerischen „Transaktionskosten  minimiert“ und „betriebliche Verteilungskämpfe vermieden“ (ebenda). 

Der DGB ist sich nicht zu schade, explizit mit dem Hinweis auf „gesellschaftlichen Zusammenhalt“ (ebenda), den Tarifbindung stifte, zum reibungslosen Gelingen der bundesdeutschen Profimaschinerie beizutragen. 

Fragt sich also eins ums andere Mal: wer braucht solche Arbeitnehmervertretung, die sich derart offenkundig von den materiellen Notwendigkeiten der in ihr Organisierten emanzipiert hat?