07.12.23 – Bundesverfassungsgerichtsurteil v. 15.11.23 zur Umwidmung von Corona-Fonds-Geldern:
Wie
ein höchstes Gericht die Bewirtschaftung des Staatshaus-
halts ausbremst, ohne dass deswegen die Freiheit der Staatshaus-
hälterei im Prinzip tangiert wird
Da
bremst ein höchstes Gericht die Bundeshaushälter in der Weise aus,
dass nicht einfach Kreditgelder aus einem Corona-Fonds umgewidmet
werden dürften in irgendwelche anderen Fonds (Klima- und
Transformationsfonds, Wirtschafts- und Stabilisierungsfonds).
Offenbar sollen nicht einfach Geldmittel aus einem Bereich in den
anderen umgebucht werden können, die ganz verschiedenen
Staatsaufgaben zugeordnet sind. In der Folge dieses gerichtlich
verfügten sauberen haushaltspolitischen Trennungsgebots werden
irgendwelche Finanzzusagen gestoppt, erst mal regelrechte
Haushaltssperre verhängt.
Was wie eine rechtliche Beschränkung der Freiheit des staatlichen
Haushaltens aussieht, davon lassen sich die hohen Damen und Herren
nur in einer Hinsicht beeindrucken: die mit dem Richterspruch
angesagten Korrekturen bedeuten, den Bundeshaushalt für 2023 und
2024 auf nun rechtskonforme Grundlage neu zu organisieren: die nun
nicht mehr nutzbaren Geldmittel werden vom Finanzminister einerseits
zum Anlass genommen, bestimmte Ausgaben wie für die
Energiepreisbremsen auslaufen zu lassen, wobei der sich auf eine
vergleichsweise Entspannung auf den Gas- und Strommärkten berufen
kann. Andere Posten wie Wirtschafsförderung (z.B. Subventionierung
der Ansiedlung von Chipherstellern) und Transformation (Umstellung
auf Wasserstoff, Elektromobilität) als die Highlights deutscher
Standortpolitik sollen möglichst ungeschoren Bestand haben. Wie die
formell eingetretenen finanziellen Engpässe die Freiheit staatlichen
Haushaltens gleichwohl möglichst wenig zu tangieren haben,
machen die lancierten Vorstellungen über den Umgang mit der neuen
Lage klar: Steuererhöhungen, CO2-Preise steigern, Sozialausgaben
einsparen – oder Aussetzen der Schuldenbremse für 2023; bei
letzterer mit der möglicherweise auf tönernen rechtlichen Füßen
stehenden Begründung der nachträglichen Behauptung einer
Haushaltsnotlage. – Wie dem auch sei: für 2024 betont FDP-Lindner
die Tugend des Sparens:
„Bundesfinanzminister Lindner will für den Haushalt 2024 keine
zusätzlichen Schulden aufnehmen, sondern sparen.
Bedeutenden Vorhaben sollten realisiert werden... Im Gegenzug
müssten andere Ausgaben zurückgestellt werden...“ (zitiert
nach ARD-Text v. 1.12.23)
Also: von für wichtig gehaltenen „Zukunftsinvestitionen“, um den
nationalen Kapitalstandort konkurrenztüchtig auf Vordermann bringen,
sollen keine Abstriche gemacht werden. Am selben Maßstab der
Standortpflege werden andere Posten als weniger bedeutend eingestuft
und deshalb „rückgestellt“. Denn: bei aller Wahrung der Freiheit des
Staats- und Wirtschaftsmachen verweist der oberste nationale
Haushälter darauf, dass die Orgie des Schuldenmachens die Kehrseite
hat, dass auf die Solidität des Geldes zu achten sei, dessen Wert
nämlich mit all den schönen Finanzierungen auf Pump tangiert wird. -
Dem tragen die höchsten Haushälter darüber Rechnung, dass die
Freiheit des Verschuldens gesetzlich verordnete Grenzen erfahren
soll, z.B. in der Form einer Schuldenbremse, die Beschränkung der
Erhöhungsrate bei Neuverschuldung, was zugleich mit ordnungsgemäß
erklärter "Haushaltsnotlage" wiederrum relativiert werden kann.