Tages-Politik - Analyse und Kritik

 
 













07/08.11.22 – Anlässlich der Weltklimakonferenz in Ägypten:


Wie die politischen Macher und ihre öffentlichen Berichterstatter
angesichts des Auftriebs der fossilen Energiewirtschaft geständig
werden über den Zweck der schönen Energiewenden - und doch nicht
ablassen von der Mär der Klimadienlichkeit ihrer Energiepolitik

+ Nachtrag: Scholz in Ägypten


Es geht mal wieder um das Ringen um ehrenwerte Klimaziele - dies angesichts dessen, dass die wirtschaftskriegerische Aufmischung der Weltwirtschaft seitens des Westens gegen Russland mit Händen greifen lässt, dass nichts als kapitalistische Bewirtschaftungssinteressen die imperialistischen Nationen umtreibt.

Maßgebliche und unmaßgebliche bürgerliche Köpfe konstatieren, dass statt Rückgang des Fossilen angeblich fürs Klima anno 2022 kräftig in Öl und Gas gegangen wird. Statt den Schluss zu ziehen, dass es dann jawohl um gesicherte und möglichst billige Energieversorgung für den globalen Kapitalismus mit seiner einsinnigen Geldvermehrungsräson geht, erwecken sie unverdrossen den Eindruck, dass man doch fürs Klima unterwegs sei: es ginge doch bloß kurzfristig um vermehrten Rückgriff aufs Fossile; die Zukunft gehöre den Erneuerbaren - als ob letztere nicht derselben polit-ökonomischen Rechenart der nationalen Energieversorgung gehorcht, nämlich Energie als sicherzustellender Stoff der profitablen Bewirtschaftung des Standorts und gleich noch als Mittel des Zugriffs auf auswärtige Nationalökonomien und deren Reichtümer (zu bemerken daran, wie die Energiebewirtschaftungsmanager bekanntgeben, sich über die industrielle Energiezeugung von den ausländischen Lagerstätten von Öl oder Gas unabhängig zu machen oder daran, wie günstig die Erneuerbaren inzwischen den Strom liefern könnten).

Prinzipieller wird ein Scholz bei seiner Rede in Ägypten: für den kommen die schönen Klimaziele gleich in der Übersetzung als Sicherheitskomponente in Sachen Energiepolitik vor; der stellt nämlich den Bezug zum bösen Russenkrieg und zur Abwendung von der unerträglichen Abhängigkeit vom Russengas her; also: das Plädoyer für Energiewenden als Kampf gegen Kriegstreiber wie Russland, nämlich weg vom Russengas als Teilbeitrag dazu, die materielle Basis der russischen Nation zu zerstören.

Dass es ganz und gar nicht um Klimaziele für sich geht, kann man ebenso daran sehen, wie im Falle von sperrigen bis widerspenstigen Staaten die Frage von Sanktionen oder sogar direkter Gewaltausübung aufgeworfen wird. Nicht im Entferntesten dürften irgendwelche wissenschaftliche Einsichten und davon abgeleitete Gegenmaßnahmen gegen die Klimaversauung die Feder führen, sondern unterstellt sind gegensätzliche staatsmaterielle Interessen, die unter dem Klimaschild sich Geltung verschaffen bzw. hinter den auf Klimakonferenzen angesagten Selbstverpflichtungen auf "Klimaschutzmaßnahmen" zurückbleiben. Andererseits wäre es ein Leichtes, sich auf klimabezogene Maßnahmen zu verständigen.

Auch die Wissenschaftler geben mit ihrer Haltung zu erkennen, dass ihre Diagnosen, Prognosen und Empfehlungen zur "Klimarettung" überhaupt nicht Leitlinie der Regenten sind: sie schwanken nicht nur anlässlich der aktuellen Runde in Ägypten zwischen "Hoffnung" und "Skepsis", dass es vorangehe mit Klimaschutz seitens der Regierenden der Welt. Eine festgestellte Diskrepanz zwischen eingeklagten klimapolitischen Notwendigkeiten und dem dahinter zurückbleibendem Handeln der Regierungen der Welt ist nicht etwa Auftakt dazu, sich Rechenschaft abzulegen darüber, was denn die wirklichen Berechnungen der Herrschaften sind, wenn sie nicht zu Potte kommen würden mit ihrer Klimapolitik angesichts der ausgemalten Dramatik der Klimasituation, sondern der einzig senkrechte Schluss sei, immer wieder an die Herrscher zu appellieren - also der Fehler, die Kalkulationen der letzteren auf Versäumnisse, Nachlässigkeiten und Ähnliches in Bezug auf die Maßgaben der Wissenschaftler runterzubringen, die gerade nicht im Programm der Gewalthaber sind.

In dem Kontext eine Anmerkung zur DLF-Sendung "Kontrovers" am 7.11.22: Dass die hiesige Regierung im Zuge des selbst herbeigeführten Energienotstands vorübergehend auf mehr fossile Brennstoffe setzt, ansonsten der klare Kompass Richtung Erneuerbaren ginge, dies lenkt schon wieder davon ab, was für alle Energiesorten gilt: Staat und Wirtschaft für ihre nationalwirtschaftlichen Ambitionen und Geldvermehrungsinteressen den Grundstoff liefern. Das Wohlklingende an den Erneuerbaren, das Saubere an dieser Energieform statt dem Dreckigen beim Öl und Gas ist die Art und Weise, nicht von der Mär abzulassen, die sog. Energiewende erfolge aus Sorge ums Klima, so relativiert und zögerlich diese auch vorankomme. - Aufschlussreich war allerdings, wie die Diskutanten unvermittelt  zur Sache kamen, wie es nämlich zwischen den Staaten um Energiegewinnung als Konkurrenzwaffe ginge - nämlich mit dem Hinweis auf die (energie-)strategischen Erwägungen der Amis und Chinesen gegen den Rest der Welt, gemessen daran Deutschland und Europa noch Nachhofbedarf hätten - allerdings mitnichten als Aufforderung zur Revidierung des Märchens vom Dienst ans Klima.


Nachtrag: Scholz in Ägypten

Die gleich weltweite Dimension des klimapolitischen Aufbruchs wird man daran gewahr, wenn Scholz damit angibt, wie es gelte, mit Hilfsgeldern oder Hilfsfonds sich auswärts zu engagieren. Speziell in Bezug auf das Beispiel Südafrika, dem dabei "geholfen" werden solle, von seiner Kohlewirtschaft loszukommen. Dies ist unter dem Vortrag hehrer Ambitionen nichts anderes als die Zurichtung anderer Länder: als für Deutschland nützliche Geschäftssphäre und jederzeit verfügbares energiewirtschaftliches Reservoir für die Bedürfnisse der imperialistischen Metropolen.

Einen Haken entdeckt der Vorsteher dt. Nation angesichts unterschiedlicher Interessenlagen oder auch nationaler Fähigkeiten, den energetischen Umstieg zu machen: sein Einfall eines "globalen Klimaklubs" zielt auf irgendwelche Standards, damit andere Länder kein Extra-Geschäft aus ihren nach wie vor schmutzigen Energiesorten und anderen Bedingungen machen, noch dazu über die mögliche Abwanderung hiesiger nationaler Kapitale wegen der günstigeren Konditionen im Ausland im Vergleich zu den umwelt-/klimapolitischen Auflagen hierzulande.